Über dem Truppenübungsplatz Allentsteig im Waldviertel wurde diese Woche die neue Selbstschutzeinrichtung und Sensorik der ersten damit ausgestatteten Lockheed C-130K “Hercules” der Luftstreitkräfte des österreichischen Bundesheeres eindrucksvoll getestet. Die 2003 von der Royal Air Force mittlerweile bereits 53 Jahre alten Transportflugzeuge wurden in den letzten Jahren bei Marshall Aerospace und Defence, einem ausgewiesenen Spezialisten im Bereich der Modernisierung von militärischen Flugzeugen, in Cambrigde generalüberholt und mit neuer Avionik ausgestattet, um so einen entsprechend sicheren Einsatz in den kommenden Jahren weiter sicherzustellen.
Dazu zählt auch eine möglichst sichere Evakuierung von Soldaten oder Zivilisten unter Bedrohung aus Krisengebieten, wie Brigadier Wolfgang Wagner, Kommandant des Kommandos Luftunterstützung, in einer Aussendung des Bundesheeres festhält. Um dies zu ermöglichen, wird das Lufttransportsystem C-130 weiterentwickelt und die erste der drei “Hercules” mit der neuen Fähigkeit des Selbstschutzes ausgestattet. Zusammen mit passiven Sensoren zur Detektion von radar-, infrarot- und laser-gesteuerten Lenkwaffen können künftig Täuschkörper – sogenannte “Flares” – ausgestoßen werden, um einen möglichst großen Selbstschutz für die “Hercules” des Bundesheeres sicherzustellen. Mit der Fertigstellung und ersten Erprobung des neuen Sicherheitssystems über dem Truppenübungsplatz Allentsteig beginnt nun die Ausbildung der Besatzungen in den entsprechenden Verfahren, um diese neue Fähigkeit entsprechend zum Einsatz bringen zu können. In weiterer Folge werden die beiden weiteren Lockheed C-130K des Bundesheeres ebenfalls mit dem neuen Selbstschutzsystem ausgestattet, um volle Einsatzbereitschaft zu ermöglichen.
Selbstschutz-Erprobung über Allentsteig (Foto: Horst Gorup, Bundesheer)
Das fehlende Selbstschutzsystem, wie es bei vielen anderen Nutzernationen unterschiedlichster Derivate der Lockheed C-130 schon seit Jahrzehnten zum Einsatz kommt, war schon lange ein Kritikpunkt heimischer Militärexperten. Mit der Anschaffung des neuen Selbstschutzsystems kommen die Luftstreitkräfte nun dieser langjährigen Forderung nach, um im Einsatz befindliche Soldaten oder österreichische Bürger nach Terroranschlägen oder anderen kriegerischen Eskalationen, etwa österreichischer Urlauber aus Ägypten, entsprechend sicher auszufliegen.
Kürzlich kehrte die dritte und letzte “Hercules” von den Modernisierungsarbeiten und mit neuen Anstrich versehen aus England zurück, somit stehen nun wieder alle drei Transportflugzeuge mit Heimatbasis in Linz-Hörsching zur Verfügung. Neben den Versorgungsflügen heimischer Soldaten im Kosovo stehen die Maschinen derzeit immer wieder in der Heimholung von im Ausland befindlicher Covid-19-Patienten im Einsatz, ebenso im Rahmen eines partnerschaftlichen Abkommens zur friedlichen Zusammenarbeit für andere Nationen wie Frankreich oder Dänemark. Die drei “Hercules”, ergänzt um ein 2015 ebenfalls aus Beständen der Royal Air Force übernommen und in Linz-Hörsching eingelagertes Exemplar zur Verwendung als Ersatzteilspender, gehören mittlerweile zu den fliegenden Arbeitspferden des Bundesheeres. Durch die getätigten Modernisierungen ist der weitere Flugbetrieb bis 2030 wohl gewährleistet, Militärexperten regen allerdings bereits die Diskussion über eine mögliches Nachfolgermuster, etwa von gebrauchten Lockheed C-130J Hercules, an. Der Erwerb von Neuflugzeugen wie dem ca. 175 Millionen Euro teuren Airbus A400M kann angesichts des Verteidigungsbudgets und zahlreichen offener Nachbeschaffungsaufgaben im österreichischen Bundesheer als völlig unrealistisch ausgeschlossen werden.
Text: Michael David