Sie befinden sich in jedem Passagierflugzeug in den Sitztaschen des Vordersitzes und sollen den Passagieren im Notfall so leichtverständlich wie möglich erklären, was im Notfall zu tun ist: die Safety Instruction Cards oder kurz ‚Safety-Cards’ genannt. Die meisten Passagiere schenken diesen Sicherheitskarten an Board wohl genauso wenig Beachtung wie den Sicherheitsanweisungen vor dem Start, doch für andere sind die Safety-Cards der unterschiedlichsten Airlines zur Leidenschaft geworden. Wir haben sich einmal näher mit dem Thema Safety Cards, Sicherheit an Board und der Faszination dahinter für Sammler beschäftigt.
Wie alles begann
Die ersten Safety Cards wurden in den späten 1920’er Jahren ausgegeben, vornehmlich an Passagiere, welche über den Ärmelkanal flogen. Die Information zum Anlegen der Schwimmwesten war als Text verfasst und löste dennoch bei vielen Fluggästen einiges Unbehagen aus. Schließlich war es ungewöhnlich sich mit "information for desaster", also dem Umgang mit eventuellen Unglücksfällen, zu beschäftigen. Nach dem 2. Weltkrieg stieg die Anzahl der Flugpassagiere weltweit, somit auch die Anzahl der Flugzeuge und damit auch der unterschiedlichen Sicherheitsinstruktionen. Interessanterweise stand aber zu dieser Zeit nicht die Sicherheit der Passagiere im Vordergrund, sondern die Frage nach der Auswirkung auf Kleidung und Aussehen. Auszug aus einer Sicherheitsinformation der Lufthansa von 1950:
"Die Schlauchboote sind übrigens mit allem Komfort ausgestattet. So gibt es ausreichende Verpflegungs- und Trinkwasservorräte, eine Ausrüstung für Erste Hilfe und vor allem einen starken Sender, der in kürzester Zeit Hilfe herbeiholen kann. Und keine Sorge um den Platz im Boot - es gibt genügend Schlauboote an Bord, um alle Passagiere und auch die Besatzung aufzunehmen. So - und jetzt genießen Sie Ihren Flug in sicherer Höhe über den Wellen, und erfreuen Sie sich des soeben erworbenen Wissens, das Ihnen auch für den äußerst unwahrscheinlichen Fall einer Wasserlandung Schutz und Sicherheit gewährleistet."
Sicherheitskarte einer Lockheed Electra der Varig, wie sie später als Frachtflugzeug bei Amerer Air im Einsatz stand
Auf vielen Sicherheitskarten wurden tatsächlich noch „wichtige sicherheitstechnische“ Ratschläge vermerkt, dass sowohl mit Hosen als auch mit Röcken die Notrutsche benutzt werden kann oder um Verständnis gebeten, dass im „case of emergency“ davon Abstand gehalten wird, Gesichtspflege wie mit Lippenstift oder Lidschatten zu betreiben. Oder der durchaus überlebensnotwendige Zusatz „life vests are quiet fashionable“ („Schwimmwesten durchaus modisch“).
Einen weiteren Schub erhielten die Sicherheitskarten mit der Einführung der Jetliner, wie der Comet oder der Boeing 707. Aus guten Grund, denn erstmals waren nun auch Sauerstoffsysteme in den Maschinen enthalten, deren Umgang entsprechend erklärt werden musste. Somit bestanden die Sicherheitsinstruktionen aus drei Teilen: die Vorführung der Kabinenbesatzung vor dem Flug, einer herkömmlichen Sicherheitskarte und einer weiteren Informationskarte für das Sauerstoffsystem. Mit der Zeit fasste man die beiden Safety-Cards zusammen und viele Fluglinien gaben plötzlich sogenannte „fleet cards“ aus. Sie sollten typenunabhängig über das Verhalten in Notsituationen informieren, für die typenspezifischen Notausgänge mussten die Passagiere den Anweisungen der Kabinenbesatzung Folge leisten. Mit verheerenden Auswirkungen, wie die NTSB (amerikanische Flugunfalluntersuchungsbehörde) bei einigen Un- und Zwischenfällen feststellen musste. „Fleet cards“ verschwanden damit wieder.
Nicht so in der ehemaligen Sowjetunion oder im Ost-Block: auch hier gab es natürlich ebenfalls Sicherheitskarten, sehr oft sogar mehrsprachige und sie waren quasi Vorreiter der heutigen „illustrated cards“ (illustrierte Sicherheitskarten mit kurzen Texten) Das Problem bei diesen Karten bestand weniger in den „fleet cards“, die ebenfalls ausgegeben wurden, sondern in diversen Schreib-, Bezeichnungs- und Grafikfehlern. So existierten etwa Sicherheitskarten von Ilyushin, auf denen eine falsche Benützung der Sitzgurte dargestellt wurde. Oder eine verkehrte Notöffnung der Flugzeugtüren.
Mittlerweile sind Sicherheitskarten vorwiegend illustriert dargestellt, Englisch dominiert auch hier als Luftfahrt-Sprache. Zusätzlich werden die Karten auch mit der Landessprache der Airline bedruckt. Gab es früher nur eine Hand voll verschiedene Designer bzw. Hersteller solcher Karten, schlägt sich die Fülle dieser in der heutigen Zeit natürlich in einer Vielzahl von oft sehr farbenfrohen Layouts wieder. Ein Umstand, der natürlich auch die Sammler solcher Safety Cards auf den Plan ruft. Vor allem Billigfluggesellschaften, wie Ryanair, sind daher bereits übergegangen, ihre Sicherheitsanweisungen auf der Rückenlehne des Vordersitzes anzukleben. Auch die Hersteller von Flugzeugsesseln haben darauf reagiert und die neueren Modelle für den Kurz- und Mittelstreckenbereich entsprechend dafür designt.
Selbst für die Antonov An-124 'Ruslan' gibt es Safety Cards, nachdem das Frachtflugzeug bis zu 80 Passagiere (also mehr als eine Dash Q400) befördern kann
Hier eine kurze Zusammenstellung der wichtigsten bzw. häufigsten Darstellungen auf heutigen Saftey Cards:
1. Verwendung von elektronischen Geräten
Ein wesentlicher Punkt ist die Verwendung von elektronischen Geräten an Board. Diese können unter Umständen diverse Störungen an der Boardelektronik hervorrufen und sind deshalb zum Vorteil der Sicherheit verboten. Mittlerweile gibt es bei moderneren Mobiltelefonen, Smartphones und Tablet-PCs den sogenannten "Flug-Modus", über dem alle Funkverbindungen deaktiviert werden. Dennoch empfiehlt es sich, auch diese Geräte vor Start und Landung gänzlich auszuschalten und nur in Reiseflughöhe bzw. nach dem das Anschnallzeichen erloschen ist, in Betrieb zu nehmen. Über die Verwendung von Digitalkameras während der Start- und Landephase gibt es unterschiedliche Meinungen. Da viele der derzeitigen Kameras mit funktauglichen Features, etwa GPS, bluetooth oder ähnlichen, ausgestattet sind, können auch diese elektronische Störungen verursachen.
2. Anschnallen
Richtiges Anschnallen kann Leben schützen, nicht nur im Ernstfall. In jeder Phase des Fluges können plötzliche Ereignisse auftreten, die an und für sich keine wirkliche Gefahr auf das Flugverhalten darstellen, jedoch verletzten sich einige unangeschnallte Passagiere immer wieder durch schnelle ruckartige Ereignisse vorwiegend am Kopf. Darum sollte man sich wirklich erst abschnallen, wenn das Flugzeug die endgültige Parkposition erreicht wird. Im Ernstfall, bei Notlandungen aller Art, empfiehlt es sich jene Haltung einzuhalten, wie sie auf der hier gezeigten Grafik angezeigt ist. Durch das Verschränken der Arme vor dem Kopf schützen sie diesem sowie die Zähne.
3. Notausgänge / emergency exits
Die Kenntnis über die Lage der nächsten Notausgänge (emergency exits) ist im Ernstfall überlebenswichtig! Vergewissern Sie sich daher bei jedem Flug darüber, welchen Notausgang Sie von ihrem Sitzplatz am schnellsten erreichen. Insbesondere im Dunkeln kann dieses Wissen zusammen mit den leuchtenden Bodenmarkierungen Ihr Leben sichern. Befolgen Sie im Ernstfall unbedingt die Anweisungen der Flugbegleiter, da sie für die Sicherheit an Board entsprechend geschult sind, und verlassen Sie, wenn erforderlich, das Flugzeug über Notrutschen ohne Schuhe und andere Gegenstände! Diese können Notrutschen beschädigen und somit die Evakuierung nachfolgender Passagiere verhindern. Durch die Durchsage kurz vor dem Start "Cabin Crew, door slides armed" werden die automatische Notrutschen aktiviert. Ein gelber oder orangefarbener innen- und außensichtbarer Streifen, den die Flugbegleiter an den Türen anbringen, soll ein unbeabsichtetes Auslösen der Notrutschen (evacuation slides) verhindern. Sitzplätze bei Notausgängen sind durch ihre vergrößerte Beinfreiheit sehr beliebt, können aber aus Sicherheitsgründen nicht an alle Passagiere vergeben werden.
4. Sauerstoffmasken / oxygen masks
Bei einem Druckverlust fallen automatisch Sauerstoffmasken überhalb Ihres Sitzplatzes herunter, für jeden Sitz eine Maske. Ziehen Sie die Maske zu Ihrem Mund und den Riemen über Ihren Kopf. Immer wieder taucht die Frage auf, warum Erwachsene die Sauerstoffmasken vor Kindern anlegen sollen. Dies erklärt sich aus dem Umstand, dass von Erwachsenen eine raschere Handhabung ausgegangen werden kann. Erfolgt eine Beatmung eines Erwachsenen im Notfall über das Sauerstoffsystem, kann dieser effizienter Kindern beim Anlegen der Sauerstoffmasken helfen. Es empfiehlt sich allerdings auch sich zu vergewissern, ob neben Ihnen sitzende Erwachsene Hilfe benötigen. Im Brandfall können etwa giftige Dämpfe sehr schnell dazu führen, weitere Maßnahmen für Ihre Sicherheit zu setzen.
5. Schwimmwesten
Da für Flüge über größere Wasserflächen Schwimmwesten vorgeschrieben sind, führt jedes Verkehrsflugzeug solche mit. Diese sind unter jedem Sitz verstaut und müssen im Notfall durch eine Lasche hervorgeholt werden. Danach wird die Schwimmweste über den Kopf gezogen und der Gurt auf Bauchhöhe zugeschnallt. Durch ein Ziehen an den roten Laschen der Schwimmweste bläst sich diese automatisch auf, mittels Mundstücke an jeder Schwimmwestenhälfte kann Luft wieder abgelassen werden. Für Kleinkinder gibt es eigene Schwimmwesten, die am Rücken verschlossen werden. Immer wieder kommt es leider vor, dass Schwimmwesten von Bord verschwinden. Dies kann unter keinen Umständen zur Nachahmung empfohlen werden.
Was löst die Faszination des Sammelns von Safety-Cards aus?
Wohl sicher nicht der Aspekt, der Fluglinie oder deren Passagieren Schaden zuzufügen. Viel mehr ist es der Aspekt, dass Sicherheitskarten eine enge Beziehung mit den Fluglinien und den Flugzeugen gleichsam darstellen. Der Großteil der Sicherheitskarten stammt – ob legal oder illegal – direkt aus den Flugzeugen. Sie beschreiben zu dem oft eine epochale Entwicklung. Versierte Sammler wissen genau über die jeweiligen Versionsserien bescheid. Änderungen am Airlinebranding machen auch nicht vor den Sicherheitskarten halt, so ist auch die Frage nach alten oder neuen Logo eine wichtige. Besonders begehrt sind alte Sicherheitskarten, jene von (aus europäischer Sicht) exotischen Airlines oder von nagelneuen Flugzeugen, wie die Boeing 787. Im Rahmen von Tauschtagen, sogenannt Conventions, treffen sich Sammler aus aller Welt, um überzählige Sicherheitskarten zu tauschen, um ihren eigenen Stand zu erhöhen. Derartige Tauschtage genießen in der Sammlerszene bereits einen anerkannten Ruf, wie jene Conventions in Innsbruck und Wien (beide organisiert von den jeweiligen Flughafenfreunde-Vereinen), München, Frankfurt oder Brüssel. Mittlerweile werden Safety-Cards auch zum Verkauf angeboten, sowohl bei Tauschtagen als auch im Internet (zB bei eBay) und dabei teilweise Höchstpreise geboten.
Auch im Verein der Freunde des Flughafens Linz gibt es langjährige Sammler von Safety-Cards, die bereits über mehrere hundert Stück verfügen, wie etwa Dr. Dieter Anderle, Jürgen Stiglmair oder Michael David. Die beiden werden mittlerweile von anderen Vereinsmitgliedern regelmäßig mit neuen, exotischen Saftey-Cards „versorgt“, für weitere gute Quelle sind sie aber wohl sehr dankbar. ;)
In diesem Zusammenhang ist es aber unserer Pflicht darauf hinzuweisen, dass die ungefragte Mitnahme von Safety Cards einen Diebstahl von materiellen Eigentum der Airline darstellt und somit entsprechende rechtliche Konsequenzen gemäß der einzelnen Rechtsauffassungen der jeweiligen Heimatländer der Fluggesellschaften drohen. Das oftmalige Argument, „die haben sowieso genug Ersatz-Sicherheitskarten mit“, mag zwar in vielen Fällen stimmen, schützt aber vor einer etwaigen Strafe nicht. Neben einer Anzeige und einer möglichen rechtsstaatlichen Verurteilung könnte auch ein temporäres Flugverbot mit der jeweiligen Airline drohen. Wie konsequent dies ausgelegt wird, können wir mangels Informationen nicht näher nachvollziehen. Daher unser Ratschlag:
Fragen Sie einfach beim Kabinenpersonal höflich nach, denn fragen kostet bekannt nichts. Hin und wieder erschließen sich weitere Möglichkeiten, besonders für Sammler. Bedenken Sie aber bitte, dass ein „Nein“ wirklich ein „Nein“ bedeutet.
Sicherheit an Board ist kein Hobby
Natürlich wollen wir mit diesem Beitrag die Sicherheit an Board nicht auf das Sammeln von Safety-Cards relativieren, sondern ebenso fachlich korrekt aufarbeiten:
Für sehr viele Fluggäste ist die übliche Präsentation der Sicherheitsanweisungen in Form von Sicherheitsvideos oder der FlugbegleiterInnen vor jedem Flug selbst eher eine lästige Angelegenheit, der kaum Beachtung geschenkt wird und mitunter durch laute Unterhaltung etc. gestört wird. Der Autor dieses Beitrages, Michael David, hatte vor einiger Zeit die einmalige Gelegenheit, das Cabin-Crew-Trainingszentrum der Austrian in Wien zu besuchen und dort neben einem Trockentraining an mehreren Mock-Ups (zB Airbus A320, Boeing 737 oder Boeing 777) auch mehrere unterschiedliche Notfallszenarien auf einem A321-Cabin-Simulator zu üben. Eine prägende Erfahrung:“ Auch wenn es ‚nur’ eine Simulation war, wurde mir dennoch bewusst, wie wichtig die Sicherheitsinformationen für den Ernstfall sind!“.
Landläufig werden FlugbegleiterInnen als „besser bezahlte KellnerInnen der Lüfte“ abqualifiziert, doch weder das eine noch das andere stimmen wirklich. Der stressige Job als Flugbegleiter ist mittlerweile schon oft schlechter bezahlt als vergleichbare Berufe am Boden, außerdem ist der Boardservice nur ein Teil ihrer Tätigkeit. Im Notfall sind es die FlugbegleiterInnen, die für die Sicherheit bzw. Evakuierungsmaßnahmen sorgen sollen und dies bei Bedarf auch entsprechend lautstark zum Ausdruck zu bringen haben. Auch wenn es Unterschiede bei der Ausbildung der FlugbegleiterInnen bei den einzelnen Airlines gibt, so orientieren sich die meisten Fluglinien dennoch an den vorgegebenen Standards. Der Mythos, FlugbegleiterInnen bei Billigfluglinien hätten tw. gar keine wirkliche Ausbildung, stimmt schon deshalb nicht, weil sie gesetzlichen Prüfungslimits und den einschlägigen Regeln der ICAO etc. unterliegen. Trotzdem soll und darf nicht an der Ausbildungsqualität für FlugbegleiterInnen gespart werden, bei Billigfluglinien wie bei Major-Airlines. Die leibliche Sicherheit an Board von Flugzeugen darf kein Einsparungspotential sein.
Zur Veranschaulichung wollen wir Ihnen an dieser Stelle das aktuelle Sicherheitsvideo der Lufthansa auf ihren Airbus A380-Flügen näher bringen
Hier das bekannte Sicherheitsvideo von flyniki
Kultstatus haben Sicherheitsvideos von Air New Zealand, wie dieses mit "body-painted" Darsteller
Das entzückenste Video zur Sicherheit an Board zeigte die britische Thomson Airways im Sommer 2008
Ausführlicher über den "Arbeitsplatz Kabine" wird in einem eigenen Themen-Special berichtet.
Wir hoffen, dass Ihnen unser Bericht über die Sicherheit an Board und die dazu notwendigen Sicherheitskarten gefallen und Sie dazu angeregt hat, in Zukunft wieder vermehrt den Sicherheitsanweisungen und -karten zu schenken. Zu wissen, was im Notfall zu tun ist, kann Ihr Leben retten.
Abschließend noch einige Links zu interessanten Sammlerseiten:
www.flughafenfreunde.at
www.flughafen-freunde.at
www.airlinesafetycards.net
www.safetycards-austria.com
www.safety-cards.at
www.safetycards.at
www.safetycards.com
www.psafetycards.net23.net
safety.mania.ru
sowie unsere VFFL-Saftey-Card-Tauschbörse
Rückfragehinweis: Michael David, Diese E-Mail-Adresse ist gegen Spambots geschützt! JavaScript muss aktiviert werden, damit sie angezeigt werden kann. , +436766259747