Zwei der wohl legendärsten Flugzeuge in der Geschichte der Luftfahrt feierten vor mittlerweile 50 Jahren ihre Premiere: die McDonnell Douglas DC10 und die Lockheed L-1011 Tristar. Wir blicken auf die Entwicklung der beiden Dreistrahler zurück, ebenso auf deren Besuche am Linzer Flughafen
Bereits Mitte der 1960er Jahre begann Lockheed mit der Studie für einen zweistrahligen Kurz- und Mittelstreckenjet mit etwa 350 Sitzplätzen, den American Airlines als Ergänzung ihrer Flotte zwischen der Boeing 707 und der damals in der Entwicklung stehenden Boeing 747 suchte. Lockheed hatte zuvor eine Ausschreibung des US-Militärs gewonnen, aus der die Lockheed C-5 Galaxy hervorging und wollte in der zivilen Passagierluftfahrt an diesen Erfolg anschließen, nachdem Boeing mit ihrer 747 völlig ausgelastet war. Der zweite Mitbewerber, Douglas, hatte zu diesem Zeitpunkt mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen, konnte allerdings durch den Zusammenschluss mit dem bisherigen Rüstungsexperten McDonnell an frisches Geld gelangen. Investiert wurde dieses in die Entwicklung eines dreistrahliges Großraumflugzeug für Mittel- und Langstrecken zwischen 270 und 375 Passagieren, die McDonnell-Douglas DC-10. Lockheed erkannte schnell die neue Konkurrenzsituation und änderte daraufhin ihr bisheriges Entwicklungskonzept ebenfalls in ein Flugzeugmuster mit drei Triebwerken. Beide Hersteller kämpften somit mit ihren Modellen in einem sehr ähnlichen Absatzsegment.
Aer Turas besuchte am 02.08.1998 mit der L1011-1 EI-CNN den Flughafen Linz. Dabei handelte es sich um ein frühes Exemplar der L1011-Produktionsreihe mit Baunummer 24, ausgeliefert 1973 an die britische Court Line. Vor vier Jahren wurde sie nach langer Standzeit in Abu Dhabi abgewrackt (Foto: R. Lang)
Obwohl Lockheed mit American Airlines bereits vor dem Zusammenschluss von McDonnell-Douglas Gespräche führte, entschieden sich diese letztendlich Anfang 1968 für 25 Festbestellungen des Konkurrenzmodells DC-10. Kurze Zeit später folgte United Airlines, die 30 DC-10 fest- und weitere 30 als Optionskauf bestellte. Währenddessen sicherte sich Lockheed im selben Jahr die ersten 75 Bestellungen von Trans World Airlines sowie Eastern Airways. Obwohl sich beide Modelle sehr ähnelten, gab es bei der Triebwerksbestückung einen wesentlichen Unterschied: während sich McDonnell-Douglas für eine Zwei-Herstellervariante entschied, aus der die Kunden der DC-10 zwischen dem CF6-6 von General Electric und dem JT9D von Pratt & Whitney wählen konnte, wählte Lockheed ausschließlich das Turbofan-Triebwerk RB211 aus dem Hause Rolls-Royce. Der britische Triebwerkshersteller setzte mit einem für Lockheed finanziell äußerst lukrativen Angebot alles auf eine Karte um das zu diesem Zeitpunkt bereits kränkelnde Unternehmen mit Aufträgen aus dem Lockheed-Programm zu retten. Dies sollte sich später als Fehlentscheidung erweisen.
Der erste und auch einzige Besuch einer McDonnell Douglas DC-10-30 in Linz im Rahmen eines Städtefluges aus Paris. Bevor die F-GNDC 1993 zur AOM French Airlines stieß, flog sie lange Jahre bei LAM Linhas Aereas De Mocambique sowie Air Martinique. Ausgeliefert wurde die Maschine 1975 als ZK-NKR an Air New Zealand, als Schwester jener DC-10-30, welche am 28.11.1979 im Massiv des Mount Erebus bei einem Südpolrundflug abstürzte (Foto: R. Lang)
Konkurrent McDonnell-Douglas arbeitet derweil weiter an seinem DC-10-Programm und konnte Ende 1968 mit einer Order über 20 Maschinen in einer Langstreckenversion für Northwest Airlines den offiziellen Programmstart bekanntgeben. Gemeinsam mit den drei Erstkunden legte McDonnell-Douglas fest, dass das mittlere Triebwerk im Seitenleitwerk ein klassisches Layout erhalten soll, um Wartungsarbeiten zu erleichtern. Lockheed setzte hingegen auf eine revolutionäre und formschönere Variante, die sich letztendlich als erheblich komplizierter in der Wartung herausstellen sollte. Doch dies war nicht das größte Problem für Lockheed: das 1968 gestartete und mittlerweile als L1011 bezeichnete Programm brachte zwar bis zum 1. September 1970 einen Prototyp hervor, welcher im November vor nun 50 Jahren zu seinem Erstflug abhob, Rolls-Royce hatte sich jedoch massiv bei der Herstellung der weiteren für die bestellten Flugzeuge benötigten Tristar-Triebwerke übernommen. Zu einer weiteren finanziellen Unterstützung war die britische Regierung allerdings nicht mehr bereit, nachdem man schon Jahre zuvor das Unternehmen vor einem Konkurs rettete. Für Lockheed stand jedoch mehr als das gesamte L1011-Programm am Spiel, schließlich sicherte der Luftfahrtkonzern gemeinsam mit der US-amerikanischen Regierung dem britischen Triebwerkshersteller eine Bankgarantie über damals unfassbare 250 Millionen US-Dollar. Es wird bis heute vermutete, dass das Weiße Haus diesem Deal nur deshalb zustimmte, um den gigantischen Militärauftrag mit Lockheed zu retten.
In Sachen Kabinenlayout und Passagierkomfort galt die L-1011 Tristar als zukunftsweisend. Einige Airlines statteten ihre Maschinen mit einer Unterflur-Küche aus, das damals noch vollständige und warme Essen wurde mittels Lift in den Passagierbereich hochgebracht
Obwohl Rolls-Royce dank der massiven Finanzhilfen aus den USA nun seinen Verpflichtungen nachkommen konnte, verspätete sich die Musterzulassung für die L1011 Tristar bis 1972, wodurch potentielle Käufer zum Mitbewerber McDonnell-Douglas und seine DC-10 abwandern ließ. Bereits 1971 begannen American Airlines und United Airlines mit dem Liniendienst für ihre DC-10/10, welche vollbesetzt etwa 6.000 Kilometer weit fliegen konnten und vornehmlich im amerikanischen Inlandsverkehr auf jenen Strecken, auf den sich die Boeing 747 zu groß erwies, eingesetzt. Als erfolgreichste Mustervariante erwies sich die DC-10/30, ausgestattet durch eine dritte Hauptfahrwerkseinheit aufgrund ihrer höheren Startmasse, 3 Meter höhere Spannweite der Tragflächen, einem verstärkten Tragflügelmittelkasten mit 56.000 Liter mehr Treibstoffkapazität und schubstärkeren Triebwerken. Ab 1972 lieferte McDonnell-Douglas die DC-10/30 an internationale Kunden wie KLM Royal Dutch Airlines, Lufthansa, Swissair, Japan Airlines, British Airways und vielen weiteren namhafte Airlines rund um den Globus, vornehmlich für Langstreckenflüge, ab.
Caledonian Airways entstand 1987 aus der Fusion von British Caledonian Airways und der BA-Chartertochter British Airtours, bei der auch die Ursprünge der am 29.01.1989 als Ausweicherflug aus Salzburg gelandeten L1011-1 Tristar G-BEAL lagen. Nachdem Caledonian Airways in der Thomas Cook Group aufging, wurden alle Tristars stillgelegt. Insgesamt zählte man zwischen 1987 und 2001 23 Exemplare dieses Typs, setzte zudem auch sechs DC-10 auf Leisurestrecken ein (Foto: R. Lang)
Lockheed steckte zu diesem Zeitpunkt noch in der Entwicklung ihrer L1011 Tristar, konnte aber 1971 einen damals gefeierten Innovationserfolg erzielen, nachdem das Muster als erstes Flugzeug von der FAA nach der Kategorie Cat IIIa zugelassen wurde. Zu Demonstrationszwecken überführte eine Testcrew eine L1011 vom Produktionsstandort in Palmdale, Kalifornien in die US-Hauptstadt Washington D.C., wobei die Crew während des Starts, des gesamten Fluges und auch bei der Landung nicht in die zu diesem Zeitpunkt vollkommen neuartige fly-by-wire-ähnliche Steuerung eingriff. Es war dies der erste vollautomatische Flug eines Verkehrsflugzeuges zwischen der amerikanischen West- und Ostküste. Während 1972 Eastern Airways die erste Tristar in den Liniendienst stellen konnte, musste Lockheed weitere Rückschläge bei den Verkaufsverhandlungen hinnehmen, da zu viele potentiellen Kunden plötzlich verstärkt Maschinen im Langstreckensegment suchten, die angebotene Variante der L1011 jedoch für Mittelstreckenflüge konzipiert wurde. Erst später präsentierte Lockheed eine reichweitengesteigerte Variante, bezeichnet als L1011-200, mit schubstärkeren Triebwerken. Für Ultra-Langstrecken nahm Lockheed Anlehnung an der Boeing 747SP und entwickelte mit der "Dash 500" eine um 4,1 Meter gegenüber der Basisvariante verkürzte und aufgrund aerodynamischer verfeinerten Tragflächen samt stärker gepfeilten Seitenleitwerk eine für bis zu 10.500 Kilometer ausgelegte Maschine. British Airways war neben Pan American Erstkunde für die L1011-500 Tristar, was erstaunlich war, da man bereits die Douglas DC-10/30 erfolgreich im Betrieb hatte. Diesem Deal wird ein Abkommen mit Rolls-Royce nachgesagt, um die schleppenden Verkäufe für das Tristar-Projekt anzukurbeln.
LTU beehrte den Flughafen Linz am 05.05.1992 gleich mit zwei Lockheed L-1011 Tristar, da die Maschinen wegen Gewitter nicht in München landen konnten. Für die deutsche Ferienfluglinie waren die Tristars zwischen 1975 und 1999 das Rückgrat der Flotte, bis sie durch Boeing 767-300ER, MD-11 und Airbus A330-200 abgelöst wurden. Mit der D-AERI verlor 1991 ein Exemplar, nachdem es während einer Wartung am Flughafen Düsseldorf in Brand geraten war (Foto: Archiv R.Lang - R.Koll)
Währenddessen konnte McDonnell-Douglas immer mehr ihrer DC-10-Modelle auch an Kunden verkaufen, welche bislang nicht im Langstreckengeschäft tätig waren. Durch mehrere Zwischenfälle geriet das DC-10-Programm allerdings in ein mediales Zwielicht. Am 12. Juni 1972 öffnete sich auf einem Flug der American Airlines während des Fluges die hintere Frachttür, trotz Druckabfall und Einbruch des Kabinenbodens konnte die Crew zum Startflughafen Detroit zurückkehren. Die amerikanische Flugsicherheitsbehörde NTSB gab nach diesem Zwischenfall eine Sicherheitsanweisung für die Frachttüren der DC-10 für die bislang gelieferten Maschinen an American Airlines, United Airlines, National Airlines und Continental Airlines aus. Zwei in Bau befindliche und für die All Nippon Airways bestimmte DC-10 blieben unberücksichtigt, da die japanische Airline nach diesem Zwischenfall kein Interesse mehr zeigte und zum Konkurrenzmodell Lockheed L-1011 Tristar wechselte. Beide Maschinen wurden jedoch fertiggestellt und an Turkish Airlines übergeben. Die Umsetzung der ausgegebenen Sicherheitswarnung blieb allerdings unberücksichtigt, somit kam es, wie es kommen musste: eine der beiden Maschinen stürzte am 3. März 1974 nach dem Start in Paris-Orly in einen Wald und riss 346 Menschen in den Tod. Schnell konnte als Ursache ein Problem bei der hinteren Frachttür ausgemacht werden. Während die NTSB die Verbesserung des Verriegelungssystems nach dem American-Zwischenfall als Anweisung für die amerikanischen Betreiber ausgab, blieb es bei den internationalen Kunden bei einer Empfehlung der FAA. Nach dem Turkish-Unglück wurden alle bislang gebauten DC10 nachgebessert.
Zwischen Mai und Juli 1979 verlor die DC-10 dennoch ihre weltweite Zulassung, ähnlich wie in jüngster Vergangenheit bei der Boeing 737-MAX, nach einem weiteren Unglück. Am 25. Mai 1979 stürzte eine Douglas DC-10 von American Airlines in eine Wohnwagensiedlung bei Chicago, nachdem die Maschine ein äußeres Triebwerk nach dem Start verlor. Untersuchungen ergaben, dass Risse in der Triebwerksaufhängung zum Versagen der Aufhängung geführt und so das Unglück verursacht hatten. Die Ergebnisse der Flugunfalluntersuchung ergab, dass sowohl American Airlines als auch Continental Airlines ein unzulässiges Wartungsverfahren vollzogen, in dem das Triebwerk mittels Gabelstapler vom Flugzeug getrennt wurde, wodurch es zu Rissen an der Triebwerksaufhängung gekommen war. Aufgrund dessen wurde das Verfahren für alle Maschinen mittels Hebevorrichtung vereinheitlicht. Auch nach der Wiederzulassung blieb die DC-10 um Unfallpech verfolgt, in diesen Fällen waren jedoch menschliche Versagen die Ursachen, etwa schwerwiegender Navigationsfehler bei einem Südpol-Rundflug am 29. November 1979 der Air New Zealand, bei dem 257 Insassen den Tod fanden. Ein weiterer späterer Zwischenfall mit einer DC-10 bei United Airlines in Sioux City wurde 1991 von Hollywood mit Filmlegende Charlton Heston verfilmt. Aufgrund all dieser Unfälle strich American Airlines die Typenbezeichnung DC-10 von Maschinen und nannte sie fortan "Luxury Liner".
Mit der Lockheed L-1011-1 V2-LEM besuchte die exotische Caribbean Wind Airlines auf einem Subcharterflug für die spanische Air Europa am 31.03.1996 den Linzer Flughafen. Die polierte Rumpfsektion lässt eindeutig auf den langjährigen Vorbesitzer schließen, der Cathay Pacific aus Hongkong, zu damaligen Zeit noch ansässig am legendären Stadtflughafen Kai Tak (Foto: R. Lang)
McDonnell Douglas blieb trotz allem dem Modell treu und entwickelte neben einer reich- und leistungsgesteigerten Passagiervariante auch eine DC-10 als Frachtausführung. Auch für den militärischen Bereich entwickelte man mit der KC-10 eine Version für Fracht- und Betankungsflüge. Nach 446 gebauten Maschinen des DC-10-Programms kündigte McDonnell-Douglas mit der MD-11 ein Nachfolgemuster an, welches auf der DC-10 basierte. Obwohl sich das Konkurrenzmodell der Lockheed L-1011 Tristar als sehr zuverlässiges Verkehrsflugzeug ohne echte Kinderkrankheiten erwies, blieb das Programm mit nur 249 bestellten und gebauten Maschinen weit unter den Erwartungen. Anstatt der Gewinnziele, welche sich Lockheed mit der Tristar erhoffte, musste man weitere 250 Millionen US-Dollar als Gesamtverlust verbuchen. Durch die Krise bei Rolls-Royce und das Fehlen einer echten Langstreckenvariante zu Programmstart blieben zahlreiche erhoffte Aufträge aus, Lockheed zog sich daraufhin aus der zivilen Passagierluftfahrt zurück. Mit 44 Exemplaren war Delta Airlines größter Betreiber der legendären L1011, gefolgt von TWA, Eastern Airways, British Airways, All Nippon Airways, Cathay Pacific, Saudia und Air Canada. Zwar kam die DC-10, insbesondere außerhalb der USA, nicht an die großen Flottenstückzahlen der L1011 heran, wurde allerdings von weitaus mehr Fluglinien weltweit eingesetzt. Später gehörte FedEx zu den größten Betreibern der DC-10/MD-10, allesamt in einer Frachtvariante.
Zahlreiche DC-10, insbesondere Frachter bzw. zum Frachter umgebaute Maschinen, wurden modernisiert und mit neuem Zwei-Mann-Cockpit ausgestattet. Die nun als MD-10 bezeichneten Maschinen gehen allerdings auch speziellen Aufgaben nach, wie diese MD-10 bei Orbis, nach. Das Flugzeug wurde zur fliegenden Augenklinik umfunktioniert und stattet nun im Rahmen von UNHCR-Projekten unterentwickelten Ländern immer wieder Besuche ab, um dortige Menschen kostenlos bei Augenkrankheiten zu helfen (Foto: ORBIS.org)
Dennoch gehören die L-1011 Tristar als auch die DC-10 nach wie vor zu den Legenden der Luftfahrt, besonders die formschöne L-1011 Tristar erfreut sich großer Beliebtheit unter den Luftfahrtenthusiasten. Obwohl heute nur mehr eine Tristar weltweit aktiv ist, im Rahmen des Raketenforschungsprojekts "Stargazer" in den USA, ist die Tristar noch immer beliebtes Objekt in Fotosammlungen und Erzählungen unter Planespottern. Insbesondere die fünfzehn L-1011 Tristar von LTU, welche zwischen 1975 und 1999 im Urlauberverkehr in Europa eingesetzt wurden, sind vielen in Erinnerung. Auch am Flughafen Linz legten die Tristars verschiedenster Airlines immer wieder einen Stopp ein, darunter etwa für Studienreiseflügen der Royal Jordanian Airlines. Während man über 20 Tristar-Landungen in Linz bis ins Jahr 2000 verzeichnen konnte, besuchte nur eine einzige McDonnell-Douglas DC-10 den Linz Airport - am 12. April 1995 der französischen AOM aus Paris.
Text: Michael David