Hallo zusammen, mein Name ist Robert Dunzinger und ich bin Senior First Officer auf der B747 bei einer isländischen Airline. Mit meinen „News aus dem Cockpit“ möchte ich euch einen kleinen Einblick in meine Arbeit als Pilot geben. Mein Job bringt mich in alle Kontinente der Welt, wo ich sehr interessante Einblicke in die verschiedensten Länder und deren Kulturen bekomme.
Wahrscheinlich keine Branche wurde so hart getroffen wie die Luftfahrt. Die Fluggesellschaften kämpfen ums Überleben und tausende Piloten stehen ohne Job da, da es nahezu keine Passagierflüge gibt. Die Flughäfen weltweit sind vollgeparkt mit Flugzeugen, die im Moment leider nicht gebraucht werden. (In der Fachsprache auch „gestored“). Alle wichtigen Öffnungen werden mit Covers verschlossen. Um die Einsatzbereitschaft der Flugzeuge zu erhalten, müssen die Techniker festgelegte, regelmäßige Arbeiten an den Maschinen durchführen. Da die Firma, für die ich fliege, neben Passagier-Flugzeugen auch reine Cargo-Maschinen betreibt, gehöre ich zu den glücklichen Crewmitgliedern, die auch in diesen schwierigen Zeiten ihren Job normal ausüben können. Wobei „normal“ ist relativ. Da jedes Land mit der Pandemie unterschiedlich zurechtkommt und es überall verschiedene Einreise- und Quarantäne-Prozedere gibt, kommt immer sehr viel extra Bürokratie auf uns zu. (zig Formulare zum Ausfüllen, Temperatur Checks, Vorab Online Einreisemeldungen, Tests, und, und, und…..)
Die Air Cargo Branche erlebt im Moment einen ziemlichen Aufschwung, was die Preise pro transportiertem Kilo in ungeahnte Höhen steigen ließ. Wir transportieren im Moment neben den für die Luftfracht üblichen Gütern wie Medizin, Chemikalien, Expressgüter, Produkte der Hightech, Automobil und Ölindustrie auch die in der Pandemie dringend benötigten Güter wie Masken, Schutzausrüstungen und Covid-Tests oder Impfstoff. Weitere Highlights sind auch immer wieder mal Pferde, Autos, Militärfahrzeuge, und noch vieles mehr.
Doch wie sieht der Ablauf eines Cargo Fluges aus: Circa drei Stunden vor Abflug werden wir per Wakeup Call vom Hotel “aktiviert”. Parallel dazu läuft meistens schon die Beladung und erste Vor-Betankung des Flugzeuges. Danach haben wir eine Stunde Zeit um uns fertig zu machen. Per Chauffeur werden wir zum Flughafen gebracht wo wir ca. 1,5h vor Abflug eintreffen. Auf dieser Fahrt nutzen wir die Zeit, um alle für den Flug notwendigen Informationen wie Wetter, Route, Treibstoffmenge usw. auf unseren Tablets zu checken. Hier wird auch meistens entschieden, wer auf diesem Flug PF (Pilot Flying, der aktiv fliegende Pilot) und PM (Pilot Monitoring, Überwachende, zuständig für Funkverkehr) ist. Sobald wir am Flugzeug eintreffen, läuft immer alles nach einem vorgegeben Schema ab. Fast wie ein gut geübtes Stück Schauspiel.
Die Treibstoffmenge wird bestätigt. Die Techniker übergeben uns das Flugzeug und informieren uns über den technischen Zustand der Maschine. Am Boden wird zusätzlich noch zwischen Kapitän und Copilot unterschieden. In der Luft werden die Rollen als PF/PM bezeichnet. Der PF bereitet das Cockpit nach vorgegebenen Checklisten vor (Programmierung der Route, Eingabe der Performance Daten, usw). Der PM macht in dieser Zeit den Outside Check, wo er um das Flugzeug geht und auf offensichtliche Mängel checkt. Wieder zusammen im Cockpit wird gemeinsam die Performance Berechnung für den Flug durchgeführt und der Lademeister informiert uns über etwaige Gefahrengüter oder Güter, die bei einer vorgeschriebenen Temperatur transportiert werden müssen. Die gesammelten Daten werden in den Flight Management Computer eingegeben und nach Abschluss der letzten Checklisten wird beim Fluglotsen erst die Flugstreckenfreigabe und dann die Freigabe zum Pushback (Zurückstoßen des Flugzeugs) und zum Starten der Triebwerke eingeholt. Auch während dem Pushback und dem Triebwerksstart müssen laufend Checklisten abgearbeitet werden. Ist das Flugzeug gepusht und laufen die Triebwerke wird die Rollfreigabe eingeholt.
Bei der Runway angelangt, wartet man auf die Take-Off Freigabe. Zu diesem Zeitpunkt trennen sich die Rollen in PF und PM auf. Der PF fliegt das Flugzeug und bedient den Autopiloten. Der PM ist für den Funkverkehr, die laufende Flugdokumentation (Treibstoff Checks, Positionschecks, Wetter auf der Strecke) sowie für die Überwachung des PF zuständig. Bei längeren Flügen sind mehrere Piloten an Bord, die sich abwechseln. Für die Pausen stehen uns Betten in sogenannten „Bunks“ (Schlafkojen) zu Verfügung. Meistens folgt jetzt eine ruhigere Phase bis die Vorbereitungen für den Anflug beginnen. Das aktuelle Wetter wird eingeholt, der Computer wird mit den Daten gefüttert und die Landedistanz wird berechnet. Abschließend gibt es ein Anflugbriefing wo auf eventuelle spezielle Gegebenheiten oder Verfahren am Zielflughafen eingegangen wird. Nach jedem größeren Block während des Fluges werden immer Checklisten abgearbeitet, damit nichts vergessen wird.
Nach der Landung an der Parkposition angekommen, wartet schon die Fracht für den nächsten Flug und es geht alles Schlag auf Schlag. Eine Maschine die am Boden steht, bringt kein Geld. Die Crew fliegt dann entweder weiter oder wird von einem Transport beim der Maschine abgeholt und zum Terminal gebracht. Nach mehr oder weniger langen Einreiseverfahren (in der Pandemiezeit mit zus. Temparaturchecks sowie Kontakttracing-Formularen) wird die Crew zum Hotel gebracht. Dort verbringt sie ihren Layover (Aufenthalt). Dieser Aufenthalt dauert je nach Route zwischen nur 12 Stunden oder auch mal bis zu mehreren Tagen. Ist die Crew wieder erholt geht das ganze Schauspiel beim nächsten Flug wieder von vorne los.
Um die Auslastung zu gewährleisten, haben viele Airlines bei Passagierflugzeugen die Sitze entfernt und transportieren damit Fracht. In der Regel werden diese Flüge als sogenannte Return Flüge durchgeführt (z.B.Europa-China), welche vor der Pandemie eher als Ausnahmezustand zu sehen waren. Das bedeutet, dass nach der Ankunft und der anschließenden Beladung die selbe Crew wieder zurückfliegt, ohne das Flugzeug zu verlassen. Begründet wird diese Art von Flügen mit dem Argument der strengen Quarantänebedingungen in anderen Ländern. Dabei werden Double oder Triple Crews eingesetzt um die gesetzlichen Ruhezeiten zu gewährleisten. Um die maximal erlaubte Dienstzeit zu verlängern erteilen die jeweiligen Behörden entsprechende Ausnahmegenehmigungen.
Die bestmögliche Sicherheit, hohe Kundenzufriedenheit, Effizienz, fachlich top trainierte Crews und beste Wartung der Flugzeuge sind nur einige Beispiele, bei denen in der Luftfahrt nach höchsten Standards gearbeitet wird. Die oben beschriebenen Rahmenbedingungen stellen alle Beteiligten vor enorme physische, psychische und soziale Herausforderungen. Top-Unternehmen in der Luftfahrt erkennen diese Entwicklung bereits und treffen entsprechende Maßnahmen, welche die Belegschaft dabei unterstützen, diese Herausforderung zu bewältigen. Der ausführliche Gesundheitscheck vor der Zulassung zur Pilotenausbildung und die jährlich wiederkehrenden Kontrollen stellen die Basis der medizinischen Tauglichkeit dar. Um die Gesundheit der Piloten und damit auch die Sicherheit in der Luftfahrt in den aktuell heraus fordernden Zeiten zu gewährleisten, bedarf es jedoch mehr als den minimalen Standard aus flugmedizinischer Sicht.
Gesundheit und Sicherheit sind zwei Bereiche, die sehr stark zusammenhängen und eigenverantwortlich gesundes und sicheres Handeln voraussetzen, um gemeinsame Ziele erreichen zu können. Wir von PRO iNSANO haben uns daher zum Ziel gesetzt, die Gesundheit und vor allem das damit verbundene, bewusste Verhalten der in der Luftfahrt beschäftigten Personen mit maßgeschneiderten Workshops gezielt und nachhaltig zu optimieren.
Mehr Infos dazu finden sie unter https://proinsano.com/aviation