Diese Woche landete am Linzer Flughafen das erste Großraumflugzeug des heurigen Jahres, dabei handelte es sich um die beiden Airbus A310-304 MRTT 10+23 "Kurt Schuhmacher" (am 09.03.) und 10+25 "Hermann Köhl" (am 05.03.) der Deutschen Luftwaffe. Obwohl ursprünglich als gewöhnliches Passagierflugzeug für Lufthansa gebaut, erfüllt dieser Flugzeugtyp bei der Deutschen Luftwaffe nun vielseitige Aufgaben.

 

1990 übernahm die Flugbereitschaft der Deutschen Luftwaffe vier weitere Airbus A310-300 aus Beständen der Lufthansa. Schon zuvor erhielt die Luftwaffe zwei Airbus A310 aus Beständen der Interflug für VIP-Transport-Aufgaben. Die vier Maschinen der Luftwaffe sollten jedoch für militärische Transportaufgaben vorbereitet werden. Zusammen mit Lufthansa-Technik und den EADS-Flugzeugwerken in Dresden entwickelte man zunächst das sogenannte "Multi Role Transport"-System, kurz MRT genannt. Ähnlich wie bei manchen Quick-Change-Systemen sollte hier ein rascher Wechsel zwischen Passagier- und Transportflugzeug vollzogen werden können. Das MRT-System wurde allerdings an die konkreten Bedürfnisse für militärische Aufgaben angepasst, etwa durch ein seitliches Ladetor.

In der reinen Passagierversion finden 214 Soldaten Platz im A310MRT, daneben gibt es eine Dual-Version für 57 Passagiere und einige Tonnen Fracht sowie eine reine Frachtversion, die neben militärischen Gütern auch Verwundete und Kranke transportieren kann. Für diesen Zweck wurden spezielle Personentransporteinheiten entwickelt, die über eine reichhaltige medizinische Austattung - wie ein Patientensauerstoffsystem - verfügt. Insgesamt können bis zu 6 Personentransporteinheiten in kurzer Zeit in einem A310MRT installiert werden. Das System wird im militärischen Jargon "MedEvac" genannt und dient zur bestmöglichen medizinischen Versorgung von schwerstverletzten Soldaten. Ohne dieser Personentransporteinheiten kann ein A310MRT bis zu 57 liegend zu transportierende Leichtverletzte aufnehmen. Mit einer Reichweite von ca. 10.000km ist es der Luftwaffe durchaus möglich, diese A310MRT-MedEvac-Einheiten weltweit zum Einsatz zu bringen. Neben militärischen Transportaufgaben, bspw. Verwundetentransporte aus Afghanistan, stellte die Luftwaffe dieses System etwa auch bei der Tsunami-Katastrophe Zivilisten zur Verfügung.


Airbus A310-304 MRTT 10+23 "Kurt Schuhmacher" auf einem militärischen Transporteinsatz am 09. März 2012 am Flughafen Linz

Insgesamt standen auch zwei VIP-A310 für die Flugbereitschaft der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung, die einige Jahre in auffälligen schwarz-rot-goldener Farbgebung zum Einsatz bei Auslandsbesuchen hochrangiger deutscher Politiker kamen. Die Flugzeuge wurden aber mittlerweile durch moderne Neuflugzeuge der TypenAirbus A319CJ und Bombardier Global-Challenger sowie zwei gebrauchte, aber aufwendig modernisierte Airbus A340-300 aus Beständen der Lufthansa ersetzt. Eine ehemalige deutsche "Air Force One" auf A310-Basis war unlängst bestimmten Medien eine zynische Berichterstattung, da sie über dubiose Umwege zu einem neuen Betreiber in den Iran gelangte.

Um verstärkt ausländische Militäroperationen mit den verbliebenen A310MRT durchführen zu können, entwickelte man zusammen mit der kanadischen Luftwaffe das MRT-System um eine Komponente weiter: der Luftbetankung. Aus dem MRT- wurde das MRTT-System, "Multi-Role Transport Tanker", um diverse Militärflugzeugeinheiten aus der Luft betanken zu können. Zudem wurden die vier MRT(T)-Flugzeuge entsprechend umgerüstet und etwa mit Luftbetankungssystemen und einrollbaren Luftbetankungsschlauch ausgerüstet. Mittels Zusatztanks im Unterflur-Frachtraum stehen bis zu 36.000l Kerosin für die Luftbetankung zur Verfügung. Mit zunehmender Größe des mitgeführten Kerosins nimmt der Aktionsradius des A310MRTT ab.

Mit den A310MRTT verfügt die Deutsche Luftwaffe über eine flexibles System für die unterschiedlichsten militärischen Aufgaben und Anforderungen. Da auch für viele andere Länder der Unterhalt einzelner Spezialeinheiten immer teurer wird, übernahm EADS das MRT(T)-System in ihr Angebot und bietet den Airbus A330-200 als MRT(T)-Version für internationale Militärs an. Die britische und die australische Royal Air Force gehören zu den Erstkunden des A330MRT(T). Auch für die Ablöse der älteren KC-135-Tanker der US Air Force bot EADS dieses System an, welches zwar ursprünglich den Zuschlag erhielt, nach heftiger innenpolitischer Debatte in Washington zugunsten von Boeing und ihres 767-Tankers neu ausgeschrieben wurde.

Der Vorschlag, zwei ehemalige Airbus A310-300 der Austrian Airlines auf das MRT-System umrüsten zu lassen und dem Bundesheer für seine internationalen Aufgaben zur Verfügung zu stellen, wurde aber mit dem Hinweis auf das schon damals knapp bemessene Heeresbudget schnell fallen gelassen.

Text: Michael David
Fotos: Robert Lang, Deutsche Luftwaffe